Dienstag, 30. Juni 2015

Dienstreise-Ding

Ich sitze im Taxi auf dem Weg zum Flughafen und könnte heulen. Ich weiß, dass ich überreagiere, aber ich finde es einfach total doof über Nacht von meiner Familie getrennt zu sein.

Zwee hat es sowieso schwer im Moment. Sie spürt oft, wenn ich morgens aufstehen muss. Heute auch, obwohl sie gut gestillt und es noch wirklich sehr früh war. Sie weinte ganz bitterlich als ich das Bett verließ. Auch BM nimmt sich meine Abwesenheit tagsüber neuerdings sehr zu Herzen, zeigt zum ersten Mal auch richtige Eifersucht, "weil ich ja sowieso nur mit Zwee spiele". Ich bin stets bemüht, aber Zwee weicht wirklich nicht von meiner Seite, so dass es schwer ist, BM gerecht zu werden, d.h. eigentlich hat sie auch ein bisschen recht mit ihrem Vorwurf.

Außerdem sind beide Kinder und R. erkältet. Es ist es warm, Zwee trinkt eh schon nicht besonders viel, Nachts sind wir weit weg vom Abstillen, so dass ich mir ausmale, wie sie stundenlang vor Durst weint. So wird es sicherlich nicht sein, aber trotzdem fühle ich mich gerade sehr rabenmuttermäßig.

Montag, 22. Juni 2015

1 Jahr, 1 Monat, 2 Wochen & 4 Tage

Nachdem die Ereignisse uns in den letzten Wochen ziemlich überrollt haben, wird es nun aber höchste Zeit, mal wieder ein kleines Status-Update über unser kleinstes Familienmitglied zu schreiben. Schließlich hat sich auch in Zwees Leben so einiges Aufwühlendes getan.

Kurz ein paar Daten: Mit 13 Monaten wog sie beim Impfen glatte 9 kg. Gewachsen ist Zwee auf jeden Fall auch, denn Größe 80 passt nun wie angegossen und wird hier und da sogar schon etwas knapp.

Zwee ist immer noch ein Krabbelkind, steht nun aber sehr gerne und routiniert beim Spielen herum und läuft flink an Möbeln entlang. Sie lehnt sich aber immer noch sehr auf die Händchen. Wenn sie dann aus Versehen loslässt, plumpst sie auch gleich auf den Windelpo. Letzten Freitag überraschte sie uns, indem sie mir anderthalb Schritte in die Arme fiel, dass war aber wohl eher ein Zufall. Trotzdem wirkt Zwee nun schon ganz schön groß, wenn sie so dasteht und spielt.

Als wir auf Mallorca unser zweites Urlaubshäuschen bezogen, sah Zwee die Treppe und fing prompt an hochzuklettern. Wir waren ein bisschen entsetzt, sind nun aber ganz froh, dass sie das Treppenklettern danach wieder weitgehend eingestellt hat. Nun üben wir also mit ihr, dass sie nicht alleine hochklettern soll und hoffen ein bisschen, dass wir vielleicht darauf verzichten können, das ganze Haus wieder mit Treppengittern auszustatten.

Ich finde, Zwee ist schon ganz schön geschickt. Sie kann Stapelringe stapeln und schon ziemlich gut Formen in Kästen einsortieren. Sie untersucht gern Schrauben und allerhand kleine Futzelteile. Es ist zu süß, wenn Zwee versucht Essen (z.B. eine Erbse) auf einen Löffel zu legen, schafft es aber schon sehr gut, den Löffel in den Mund zu führen. Außerdem hält sie jetzt - zu meiner großen Begeisterung - ihr Söckchen ans Füßchen, wenn ich ihr sage, dass sie es mal wieder anziehen soll. Zwees liebster Körperteil ist die "Nanana"-Nase. Allerdings zeigt sie die nur bei uns, an Püppi oder Kuscheltieren, niemals jedoch an sich selbst.

Unser Mädchen ist ein richtiges Plappermäulchen. Mama und Papa sagt sie am liebsten. Triumphierend ruft sie "Baaa!", immer wenn sie einen Ball sieht. Ich glaube, ihre Begeisterung rührt zu gleichen Teilen daher, dass sie wirklich gerne mit Bällen spielt und dass sie sich so freut, dass Wort sagen zu können. Dazwischen plappert Zwee "dadadada" und allerhand andere, meist auf "aaa" endende Sätze. Wenn sie etwas haben möchte, zeigt sie darauf und wippt mit den Ärmchen wedelnd aufmunternd auf und ab bis wir ihrem Wunsch nachkommen. So nimmt sie ihre Tiere in die Hand und fordert uns wippend auf, die Tiergeräusche vorzumachen. "Meh" sagt bei ihr nicht nur das Schaf sondern auch die Kuh, und R. hat heute etwas "Wauwau"-ähnliches von Zwee gehört.

Macht man hingegen nicht, was Zwee möchte, weil sie zum Beispiel die Ketchupflasche nicht haben soll oder weil wir einfach nicht verstehen, was sie meint, macht Zwee sich schnell zum Flitzebogen und spannt die Ärmchen vor lauter Ärger an. Ich habe das Gefühl, dass wir hier ein ziemliches Trotzköpfchen bekommen werden, auch wenn Zwee in der Regel immer noch ein recht ruhiges Kind ist.

Nachdem Zwee sich bis kurz vor ihrem ersten Geburtstag auf Rasen, Sand und Steinen nicht allzu wohl fühlte ist sie nun mit viel Begeisterung draußen. Vor allem das Planschbecken hat es unserem kleinen Entchen sehr angetan. Überhaupt findet sie Wasser richtig toll. Und Bälle. Aber das sagte ich ja schon. Außerdem immer noch alles, was rasselt oder sonstwie Krach Musik macht.

Seit dem 4. Juni gehöre ich nun ja wieder zur arbeitenden Bevölkerung während R. nun hauptberuflich Papa ist. Die beiden kommen selbstverständlich und erwartungsgemäß prima miteinander aus. Ich finde, es tut R. so richtig gut, sich mal ganz auf die Kinder konzentrieren zu können. Diese Mischung aus geregeltem Tagesablauf und doch ständiger Flexibilität, weil eben doch alles anders kommt, ist für R. - der sonst seinen Tag immer minutiös plant und sich auch daran hält - wohl mal eine ganz neue Erfahrung. Gleichzeitig entwickelt er nun ein besseres Gefühl für manche Dinge, wo er sonst immer eher mich gefragt hätte.

Zwee hat auch richtig viel Spaß mit ihrem Papa. Die beiden machen ganz viel Quatsch zusammen, gehen zusammen joggen und spielen, spielen, spielen. Dennoch merkt man, dass ich ihr sehr fehle. Na klar, dass soll ja irgendwie auch so sein, aber trotzdem tut Zwee mir immer sehr leid, wenn sie vor Erleichterung darüber, dass ich doch wieder nach Hause gekommen bin, erstmal ein bisschen weinen muss.

Kurz vorm Urlaub hätte ich fast mal geschrieben, dass wir tagsüber abgestillt haben. An den Wochenenden stille ich dann aber doch oft noch einmal am Tag, weil wir beide das eben gern haben. Abends hat Zwee immer ganz großen Durst, obwohl sie mittlerweile endlich ganz gut Wasser aus der Trinklernflasche trinkt. Wir bieten ihr nun Abends auch immer Milch aus der Flasche an, aber die findet sie überhaupt nicht gut. Nein, Abends muss es immer noch die Brust sein. Nachts ist Zwee nun auch wieder unruhiger, vielleicht weil sie sichergehen will, dass ich noch da bin. Dann lässt sie sich von mir auch nur durch Stillen beruhigen, während sie bei R. manchmal auch mit etwas herumtragen wieder einschläft. Ich bin hin und her gerissen, denn einerseits finde ich knapp 14 Monate Stillzeit eigentlich lange genug, andererseits genießen wir beide die Zeit immer noch sehr. Zwee trinkt auch immer noch sehr entspannt und ohne zu zappeln oder gar mit ihren 6 Zähnchen zu beißen. Und dann macht sie jetzt oft ganz zärtlich ei-ei an meinem Gesicht, mein zauberhafter kleiner Mensch!

Nun muss ich allerdings nächste Woche über Nacht auf Dienstreise, so dass Zwee dann auf jeden Fall mal zwei Tage und vor allem eine Nacht ohne mich auskommen muss. Mal gucken, ob sich das mit dem Stillen dann nicht vielleicht recht schnell erledigt. Mein armes Baby und mein armer Mann haben da aber bestimmt eine sehr unruhige Nacht vor sich.

Grundsätzlich bin ich aber sehr froh, dass Zwee noch zu Hause bei R. ist. Es ist mir damals auch sehr schwer gefallen, BM in der Kita abzugeben, aber bei Zwee habe ich wirklich das Gefühl, dass sie noch nicht ganz bereit dafür wäre. Die zusätzlichen Monate zu Hause tun ihr sehr gut. Bei ihrem Papa ist Zwee bestens aufgehoben, so dass diese erste kleine Abnabelung von mir ihr so leicht wie möglich gemacht wird und sie sich schrittweise daran gewöhnen kann, ihr Vertrauen etwas breiter zu streuen.


Samstag, 20. Juni 2015

Schlaf gut, Onkel M.

Ich erinnere mich...

... wie er früher -  als wir noch klein waren - immer erstmal in B.s Zimmer ging und sich dort eine Pistole mit Platzpatronen oder ähnliches zum Spielen holte

... wie er mich jahrelang aufzog, indem er immer wieder fragte, ob ich denn nun schon auf's Gymnasium gehe

... wie er nach der Trennung ein Jahr lang quasi bei uns wohnte

... dass er immer fürchterlich geschmatzt hat

... wie er sich bei unserer Einweihungsfeier in der Häuserreihe irrte, sich von hinten durch die noch unbezaunten, matschigen Nachnarsgrundstücke schlug und überraschend an der Terrassentür anklopfte

... an seinen großen Modellkran

... wie mutig er sich als erster und einziger in der Familie selbständig machte und sich in Papier- und Computerkram reinfuchste

... wie wirtschaftliche Probleme ihn als ersten und einzigen in der Familie bis zu Hartz IV und einem Minijob in M.s Laden führten

... wie schön die Liebe manchmal unerwartete Wege geht, was ihn zum Opa seiner Großnichten machte

... und wie er bei Olo's 65. Geburtstag sagte, dass er auch mal wieder arbeiten gehen möchte, als ich ihm von meinem baldigen Elternzeitende erzählte

... wie klein und dünn mein dicker Onkel bei dieser Party in seinem Rollstuhl aussah, und wie wunderbar, dass er da noch dabei war und niemand wusste, dass es ihn bald nicht mehr geben würde

... wie ich mal einen Anpfiff bekam, weil ich versucht hatte, in N.s Zimmer das Rollo herunterzuziehen...und es dabei vom Fenster riss

... wie er nur aus Liedern u.ä. erstaunlich viele englische Brocken sprechen konnte

... wie von seinen Auto-Suchaktionen berichtete, weil ihm entfallen war, in welcher Straße er sein Auto geparkt hatte, nachdem er tagelang nur mit dem Dienstwagen unterwegs gewesen war

... an seine Bücher, oft Non-Fiction über die Weltkriege

... an den roten Flitzer, den er sich in seiner Single-Zeit gönnte und in dem mir leider immer schlecht würde, weil er so stoßweise Gas gab

... ein Foto von mir als Baby, auf dem man kaum erkennt, ob er oder mein Vati da bei mir ist

... wie er mir bei meinem letzten Besuch im Krankenhaus sagte, dass er solche Angst habe und dass er uns lieb habe -  was früher gar nicht seine Art war

... wie da immer drei Brüder waren

... am meisten aber daran wie er auf einem Stuhl sitzt, den Arm auf der Lehne des Nachbarstuhls ausgestreckt irgendwann immer einschläft. Das familiare In-unpassenden-Momenten-Einschlaf-Gen war bei ihm sehr ausgeprägt.

Dienstag, 16. Juni 2015

Sommer-Date

Am Sonntag lösten R. und ich nach gut einem Jahr endlich einen Restaurant-Gutschein ein, denn wir letztes Jahr zu unseren Geburtstagen bekommen hatten. Nachdem ich heldenhaft 10 km ins Dorf gejoggt war und mich danach einigermaßen in einen Menschen verwandelt hatte, fuhren wir zum Italiener direkt an der Alten Spree. Dort saßen wir bei perfektem Wetter in der Sonne, unterhielten uns über dies und das und beobachteten die Spaziergänger. Das Essen war super-lecker, und weil ich ja schließlich schon gesportelt hatte, gab es auch noch einen großen Eisbecher für mich hinterher. Na gut, den hätte ich auch ohne Sport gegessen. Dazu gab es für mich zum ersten Mal seit 1 3/4 Jahren ein bisschen Alkohol in Form einer grünen Weißen. In Verbindung mit der Sonne und vielleicht ein bisschen dehydriert nach dem Laufen musste ich schon nach wenigen Schlucken ziemlich kichern und hätte umgehend drei Stunden Mittagsschlaf machen können. Stattdessen bummelten wir dann noch Hand in Hand durch die Altstadt.



Das war so ein schöner Ausflug! Ich meine, spätestens Abends haben R. und ich ja meistens Zeit für einander, aber so tagsüber in Ruhe zu essen und zu erzählen und dann noch ohne Kinderwagen spazieren zu gehen, kam mir vor wie purer Luxus. So klein ich mein Zwee-Mädchen auch noch empfinde, freue ich mich doch total darauf, dass nach und nach wieder mehr solcher zweisamen Unternehmungen möglich sein werden.

Die Kinder blieben derweil bei meinen Eltern. BM spielte alles mögliche mit meiner Mutti und Zwee wurde nach dem Spaghetti-Essen von meinem Vati im Kinderwagen herum kutschiert. Nach einem Zwischenstop auf einem Dadadada-Spielplatz und ein bisschen umhertragen schlief sie dann auch ganz zufrieden anderthalb Stunden im Kinderwagen.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Nebenher

Eigentlich gäbe es soviel zu erzählen. Vom weiteren Verlauf unseres wirklich tollen Urlaubs, zuerst noch zu dritt und dann mit A aus B und seiner Familie. Von unseren Geburtstagen im Urlaub. Von BM, die plötzlich so groß geworden ist und unglaublich viel weiß und gelernt hat, aber nur ganz langsam aus ihrer unzufriedenen, bockigen Phase heraus kommt, die schon seit 3 Monaten anhält und uns Eltern immer wieder an unsere Grenzen treibt. Immerhin haben wir nun ärztlich bestätigt, dass sie nicht schlecht sondern offenbar nur selektiv hört. Von Zwee, die nun 9 kg wiegt, super gern schaukelt, immer besser auch "Papa"  und "da" und "Ba(ll)" sagt, zwar immernoch fast ausschließlich krabbelt, aber nun öfter an Möbeln entlang läuft und seit dieser Woche immer mal einen Hocker oder Lauflernwagen durch die Gegend schiebt. Von R., der nun so richtig in der Elternzeit angekommen ist und das sehr genießt. Und von mir, weil ich seit dem 8. Juni wieder arbeiten gehe.

Das Leben geht weiter und ist voll gepackt, aber irgendwie scheint alles im Vergleich zu Onkel M.s Tod gerade doch zu belanglos, um richtig darüber zu berichten. Darum also nur diese paar Stichpunkte.

Donnerstag, 4. Juni 2015

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Ein ganzes Jahr hat mein Onkel M. tapfer gekämpft - und mit ihm seine Tochter, seine Frau, seine Brüder, seine ganze Familie. Heute hat sein armes, krankes Herz aufgehört zu schlagen.

Schaf gut, Onkel M., und grüße Oma und den prönen Schinzen von mir.